Ferienlohn

10.12.2020 | Martin Klaus, Lorenz Widmer

Wann kann ein Ferienanspruch finanziell abgegolten werden?

Für Arbeitgebende stellt sich immer wieder die Frage, ob und wann Ferien – anstelle des Bezugs in natura – finanziell abgegolten werden dürfen.

Gemäss Art. 329d hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn zu entrichten.

Art. 329d Abs. 2 OR bestimmt zudem, dass die Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden (sogenanntes «Abgeltungsverbot»).

Es bestehen jedoch gewisse Ausnahmen vom Abgeltungsverbot. Einerseits kann bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Ferienguthaben ausbezahlt werden, wenn der Ferienbezug in natura nicht mehr möglich ist. Andererseits erlaubt das Bundesgericht die Abgeltung des Ferienanspruchs mit dem laufenden Lohn aufgrund von Schwierigkeiten der Berechnung des Ferienguthabens ausnahmsweise bei unregelmässigen Beschäftigungen. Dies jedoch nur, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Es muss sich um eine unregelmässige Beschäftigung handeln.
  2. Es muss ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegen, der für die Ferien bestimmte Lohnanteile klar und ausdrücklich ausscheidet.
  3. In den einzelnen schriftlichen Lohnabrechnungen muss der für die Ferien bestimmte Lohnanteil in diesem Sinne ausgewiesen werden.
Unregelmässige Beschäftigung

Eine unregelmässige Beschäftigung wird in der Praxis oft bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn angenommen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dies nur Arbeitnehmende betreffen kann, bei welchen die Einsätze schwer voraussehbar sind.

So ist die Zulässigkeit der pauschalen Ferienentschädigung beispielsweise bei einer Reinigungskraft, welcher alle zwei Wochen am Samstag von 9 bis 11 Uhr die Wohnung putzen kommt, nicht gegeben, da es hier an der Unregelmässigkeit fehlt. Dasselbe gilt auch für andere Stundenlöhner mit regelmässigen Einsätzen. Es fehlt hier am vorausgesetzten schwankenden Arbeitspensum.

Hingegen hat das Bundesgericht bereits im Urteil 4C.90/2003 vom 7. Juli 2003 darauf hingewiesen, dass praktische Schwierigkeiten bei der Berechnung des Ferienlohns nicht nur bei unregelmässigen Teilzeitbeschäftigungen vorkommen können, sondern beispielsweise auch bei einer Arbeitnehmerin bestehen können, die nicht regelmässig vier Nachtwachen übernehme, was einem 100%-Pensum entsprechen würde, sondern gelegentlich fünf oder mehr. In diesem Fall wurden die Einsätze alle vier Wochen geplant, weshalb die Arbeitgeberin den jeweiligen Monatslohn der Nachtwächterin nur schwer habe voraussehen können, da sie zudem oft auch Stellvertretungen übernommen habe. Bei einem solch unregelmässigen Pensum habe man von der Arbeitgeberin nicht erwarten müssen, dass sie das ganze Jahr über den Ferienanspruch laufend neu berechne oder eine komplizierte jährliche Abrechnung vornehme.

Diese Rechtsprechung bestätigte das Bundesgericht kürzlich im Urteil 4A_619/2019 vom 15. April 2020. In diesem Fall hatte die erste Instanz 56 Lohnabrechnungen von März 2013 bis Oktober 2017 analysiert. Dabei hatte sie Abwesenheiten des Arbeitnehmers wegen Ferien, Krankheit oder Unfall berücksichtigt und ermittelt, dass die Differenz zum Vormonat in lediglich 21 Lohnabrechnungen weniger als 10% betragen hatte, bei 25 Lohnabrechnungen mehr als 10% und bei 10 Lohnabrechnungen mehr als 25%. In Anbetracht dieser Abweichungen hatte die erste Instanz entschieden, dass eine unregelmässige Beschäftigung vorlag, bei der eine Abgeltung der Ferien mit dem laufenden Lohn zulässig sei. Diese Argumentation bestätigte das Bundesgericht.

Aus dem Vorstehenden wird klar, dass die Unregelmässigkeit der Arbeit ausschlaggebend ist für die Zulässigkeit einer Abgeltung der Ferien durch Lohn und nicht die Höhe des Pensums wie dies in der Praxis teilweise angenommen wird.

Viele Arbeitgeberinnen, welche Mitarbeitende mit tiefem, aber regelmässigen Teilzeitpensum beschäftigen und ihnen den Ferienlohn mit dem laufenden Lohn auszahlen, übergehen diese Rechtsprechung und laufen Gefahr, diesen Arbeitnehmenden beim Ferienbezug bzw. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Ferienlohn nachträglich nochmals bezahlen zu müssen. Eine Abgeltung von Ferien mit dem laufenden Lohn kann wie besagt nur bei unregelmässigen Pensen gültig vereinbart werden.

Separate Ausscheidung im Arbeitsvertrag und in den Lohnabrechnungen

Hinzu kommt, dass im Arbeitsvertrag und in den jeweiligen Lohnabrechnungen der blosse Hinweis «Ferienlohn inbegriffen» oder Ähnliches nicht genügt. Erforderlich ist, dass der Ferienlohn durch Angabe eines bestimmten Betrags oder Prozentsatzes als solcher erscheint.

Üblich sind in der Praxis eine Ferienentschädigung von 8.33% für vier Wochen, 10.64% bei fünf Wochen und 13.04% bei sechs Wochen Ferien. Diese Prozentsätze basieren auf der Annahme, dass es 260 Arbeitstage pro Jahr gibt (52 Wochen à 5 Tage). Hiervon werden die 20, 25 oder 30 Ferientage abgezogen und ins Verhältnis zu den Arbeitstagen gestellt.

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